Freund, Richard
Am 27. August 1890 kam Richard Freund als Kind der Eheleute Albert und Berta Freund, geborene Dilloff, in Mönchengladbach zur Welt. Als Richard zwölf Jahre alt war, wurde sein Bruder Ernst am 22. September 1902 in Mönchengladbach geboren. Richard Freund absolvierte eine kaufmännische Ausbildung. Im Ersten Weltkrieg kämpfte Richard Freund als Soldat für sein deutsches Vaterland. Dort musste er erfahren, dass sein Vater Albert Freund am 8. März 1918 im Alter von 57 Jahren in Mönchengladbach verstorben war. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er als Teilhaber der elterlichen Firma Freund & Herzberger. Der Firmensitz der von seinem Vater Albert Freund zusammen mit Siegfried Herzberger 1896 gegründeten Webwaren Großhandlung und Wäschefabrik war im Jahr 1920 in Mönchengladbach in der Hohenzollernstraße 46. Privat wohnte Richard Freund in seinem Elternhaus auf der Regenten Straße 47.
Am 8. Juni 1920 heiratete Richard Freund in Rheydt die Kauffrau Johanna Cappel. Seine Frau war am 22. Januar 1895 in Rheydt als Tochter von Albert und Friederika Cappel, geborene Schnock, zur Welt gekommen. Ihre gemeinsame Tochter Ingeborg kam am 4. November 1921 in Mönchengladbach zur Welt. Ihr folgte am 26. September 1924 die Tochter Margit.
Von Aachen kommend zog Richard Freund mit seiner Familie am 7. Dezember 1931 nach Düsseldorf. Sie bezogen eine Wohnung in der Lindenstraße 263. Richard Freund arbeitete in Düsseldorf als Kaufmann. Am 25. September 1933 siedelte Richard Freund mit seiner Frau und den Töchtern nach Köln über.
Am 16. Juni 1936 emigrierte Richard Freund mit seiner Familie in die Niederlande. Sie zogen nach Amsterdam in die Amstellaan 59 II. In den Niederlanden wurde sein Beruf mit Werbezeichner angegeben. Am 13. August 1938 zogen sie um in die Rijnstraat 59. Seine Tochter Margrit besuche die Vondelschule in der Jekerstraat in Amsterdam. Ein Foto ihrer Klasse ist erhalten geblieben. Ein weiterer Umzug erfolgte am 20. Oktober 1940. Nun wohnte Richard Freund mit seiner Familie in der Diezestraat 20 hs. Am 9. Januar 1941 heiratete in Amsterdam seine ältere Tochter den polnischen Juden Josef Lewkowicz. Sein Schwiegersohn war am 14. Januar 1908 in Wieckowice zur Welt gekommen. Seine Tochter zog danach mit ihrem Ehemann in die Hunzestraße 22 II und ging später mit ihm nach Belgien.
Einen Tag nach der Hochzeit seiner Tochter wurde in den besetzten Niederlanden die Registrierung jüdischer Einwohner beschlossen. Die diesbezügliche Verordnung Nr. 6/1941 des deutschen Reichskommissars Seyss-Inquart verpflichtete alle jüdischen Einwohner der Niederlande, sich beim Bevölkerungsregister registrieren zu lassen, was einen Gulden kostete. Wer dies ablehnte, konnte mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Ab dem 3. Mai 1942 musste Richard Freund wie alle Juden in den Niederlanden einen sogenannten Judenstern an der Kleidung tragen.
Am 15. April 1943 wurde Richard Freund und seine Familie in Amsterdam verhaftet und im Judendurchgangslager Westerbork interniert. Sie wurden der Baracke 62 zugeteilt. Am 21. April 1943 wurde Richard Freund mit seiner Frau Johanna und der Tochter Margrit aus dem Lager Westerbork in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Aus dem Ghetto Theresienstadt wurde Richard Freund mit seiner Frau Johanna und ihrer jüngeren Tochter Margrit am 28. September 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Richard Freund und seine Tochter wurden am 30. September 1944 in Auschwitz ermordet.
Seine Frau Johanna Freund wurde in Auschwitz als Häftling aufgenommen. Am 12. Oktober 1944 wurde sie nach Freiberg überstellt. Das dortige Außenlager gehörte zum Konzentrationslager Flossenbürg. Johanna Freund wurde hier als Häftling Nr. 54023 registriert. Sie überlebte und ging nach dem Krieg nach Israel.
Seine Tochter Ingeborg und deren Mann Josef Lewkowicz wurden am 19. April 1943 mit dem XX. Transport aus dem Lager Mechelen in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Der Transport umfasste 1.631 jüdische Menschen aus dem Lager Mechelen in Belgien, die in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert werden sollten. Drei junge belgische Männer zwangen den Zug zwischen Boortmeerbeek und Haacht zum Anhalten und öffneten so viele Waggons, wie sie konnten. 231 Deportierte konnten entkommen, von denen 115 Menschen auf der Flucht blieben, 90 Geflüchtete wurden wieder verhaftet und 26 wurden auf der Flucht erschossen. Es war die größte Aktion, um Juden aus einem Zug nach Auschwitz zu retten. Ingeborg Lewkowicz gehörte leider nicht zu den Geretteten. Sie wurde in Auschwitz ermordet. Ihr Mann Josef Lewkowicz überlebte.