Gedenkbuch

Frank, Kurt Matthias

Am 25. April 1888 wurde Kurt Matthias Frank in Düsseldorf geboren. Seine Eltern Heinrich und Frieda Frank, geborene Rosenthal, hatten bereits zwei ältere Kinder: den am 2. Dezember 1884 geborenen Sigismund und die am 16. März 1886 zur Welt gekommene Erna Brunhilde. Kurts Vater arbeitete als Kaufmann und unterhielt ein Agentur- und Kommissionsgeschäft. Der gebürtige Bedburger lebte seit 1879 in Düsseldorf. Am 1. November 1882 hatte er in Hildburghausen Kurts Mutter, Frieda Rosenthal, geheiratet. Zum Zeitpunkt von Kurts Geburt wohnte die Familie noch in der Kronprinzenstraße 3. Als Kurt zwei Jahre alt war, zogen sie in das Haus Karl-Anton- Straße 11. Die Immobilie hatte sein Vater erworben. Am 2. Oktober 1902 verstarb sein Vater Heinrich Frank in Düsseldorf. 1913 trat Kurt Frank als Gerichtsreferendar zusammen mit seinen beiden Geschwistern mit in die elterliche Firma als Gesellschafter ein.

Im Ersten Weltkrieg kämpfte Kurt Frank als Soldat. Er wurde mehrfach ausgezeichnet. Im August 1915 erhielt er als Kriegsfreiwilliger Leutnant der Reserve im Infanterie-Regiment Nr. 65 das Eiserne Kreuz verliehen.

Seit 1922 arbeitete Dr. Kurt Frank als Rechtsanwalt am Landgericht Düsseldorf. Er betrieb er eine gut florierende Rechtsanwaltspraxis mit teilweise bis zu zwölf Angestellten. Zunächst hatte er ein Büro in der Marienstraße. Von 1925 bis 1928 verlegte er seine Kanzleiräume in die Breitestraße 25. Ab 1928 praktizierte er dann in der Breite Straße 1 zusammen mit Rechtsanwalt Dr. Hugo Simons. Ihre Anwaltssocietät hatte viele einflussreiche Klienten: die Bergischen Kraftfutterwerke, die Allianz und die Nordstern Versicherung, die Firma Klein am Wehrhahn und die Unternehmer Moritz Grünthal und Albert Schöndorff.

Am 31. März 1931 heiratete der 43-jährige Kurt Frank Bertha Musche aus Düsseldorf. Seine Frau war keine Jüdin, wurde aber nach der Hochzeit in die Synagogengemeinde aufgenommen. Das Paar bezog zunächst eine Wohnung in der Rembrandtstraße 4. In seinem Elternhaus in der Karl-Anton-Straße 11 wohnte weiterhin seine Mutter Frieda Frank und sein Bruder Sigismund Frank (1884-1941). Als am 26. Februar 1931 sein Schwager Heinrich Grünewald im Alter von 43 Jahren überraschend verstarb, zog auch seine Schwester Erna mit ihrem zwölfjährigen Sohn Hans Günther in die Karl-Anton-Straße 11.

Die gemeinschaftliche Anwaltspraxis mit Dr. Hugo Simons unterhielt Kurt Frank bis zum 1. September 1933. In der Folgezeit führte Dr. Kurt Frank seine Kanzlei alleine weiter. Er durfte weiter praktizieren, da er als Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges eine Sondererlaubnis erhalten hatte. Frank übernahm auch viele der Klienten von Dr. Simons, der nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen war. Die Kanzlei befand sich ab dem 2. Oktober 1933 in der Königsallee 24. In den Räumlichkeiten hatte auch der Rechtsanwalt Gerhard Schlesier seine Kanzleiräume. Franks früherer Kollege Dr. Simons meldete sich im Jahr 1934 nach Den Haag in die Niederlande ab.

Am 25. März 1935 zog Dr. Kurt Frank zusammen mit seiner Ehefrau wieder in sein Elternhaus in der Karl-Anton-Straße 11. Sein Bruder Sigismund Frank lebte ab dem 21. April 1938 in Krefeld in der Alexianer Heil- und Pflegeanstalt. Am 10. November 1938 stürmten im Zuge des Pogroms SA und SS-Männer Franks Praxis in der zweiten Etage des Hauses Königsallee 24 und warfen die Büroeinrichtung und das gesamte Aktenmaterial durch die Fenster auf die Straße. Auch seine Privatwohnung in der Karl-Anton-Straße 11 wurde überfallen und vieles zerstört. Da auch Fenster und Türen in den Praxisräumen beschädigt worden waren, erhielt Dr. Kurt Frank von seinem Vermieter die Kündigung. Daher verlegte er seine Praxis in das Haus Feldstraße 11a. Das Haus gehörte der Familie des kurz zuvor verstorbenen Düsseldorfer Firmengründers Abraham Freundlich, dessen Firma Dr. Kurt Frank anwaltlich vertreten hatte. Nachdem die Familie Freundlich das Haus im Zuge ihrer Emigration verkaufte, zog Kurt Frank im Mai 1939 auch mit seinem Büro in das eigene Haus in der Karl-Anton-Straße 11.

Dr. Frank war am 2. Dezember 1938 offiziell gewährt worden, dass er als „Konsulent“ für jüdische Klienten arbeiten durfte. Er war damit einer der ganz wenigen jüdischen Rechtsanwälte, die noch für den Landgerichtsbezirk Düsseldorf zugelassen waren. Kurt Frank war auch weiterhin der Vormund für seinen Bruder und übernahm die Kosten für seine Unterbringung in der Pflegeanstalt. Ob er umgehend darüber informiert wurde, dass sein Bruder Sigismund Frank am 12. Februar 1941 von Krefeld in die Provinzial Heil- und Pflegeanstalt nach Düsseldorf-Grafenberg verlegt wurde, ist auszuschließen. Sein Bruder wurde zusammen mit anderen jüdischen Patienten am 15. Februar 1941 mit einem „Gemeinnützigen Krankentransport“ deportiert und im Zuge der sogenannten Euthanasie ermordet. Auf der Todesurkunde wurde mit einem verspäteten Datum (4. Juni 1941) als Sterbeort „Chelm II“ eingetragen. Auch dies diente der Verschleierung der wahren Todesumstände.

Am 23. März 1939 verstarb Franks Mutter Frieda in Düsseldorf. Seit Sommer 1939 befand sich sein Neffe Hans Günther Grünewald in einem Werkdorp (Wieringermeer) in den Niederlanden. Seine Schwester Erna Grünewald wohnte weiterhin bei ihnen im Haus. Sie wurde am 10. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet. Durch die „privilegierte Mischehe“ mit seiner „arischen“ Ehefrau Bertha Frank war Dr. Kurt Frank zunächst von diesen Deportationen ausgenommen. Nach der Deportation seiner letzten jüdischen Kollegen Dr. Max Dannenbaum und Dr. Siegfried Orzegow Ende des Jahres 1941 musste er zusätzlich deren Akten übernehmen.

Am 12. Juni 1943 wurde sein Haus während eines Bombenangriffs getroffen. Seine Anwaltsakten wurden daraufhin zur Jüdischen Gemeinde in die Bilkerstraße 25 verbracht. Kurt Frank zog mit seiner Frau am 7. Juli 1943 in die Teutonenstraße 9. Dort wohnten viele Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, die mit „arischen“ Ehepartnern verheiratet waren. Unter den wenigen noch in Düsseldorf befindlichen jüdischen Bürgern war Rudolf Braunschweig, der als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde fungierte. Als dieser im Juni 1943 flüchtete, wurde Kurt Frank als sein Nachfolger bestimmt. Von den zuvor insgesamt fünf in Düsseldorf zugelassenen „jüdischen Konsulenten“ war Kurt Frank am 1. September 1943 noch als einziger übrig.

Dr. Kurt Frank wurde am 10. Oktober 1943 verhaftet und am nächsten Tag von der Gestapo in das Gerichtsgefängnis Düsseldorf-Derendorf eingeliefert. Als Vorwand für die Verhaftung diente der Vorwurf der Vermögensverschiebung. Seiner Ehefrau wurde erlaubt, am 23. Oktober 1943 „für den Schutzhaftgefangenen Frank, Kurt Israel, Wäsche umzutauschen und Schnürsenkel abzugeben.“ Am 18.Januar 1944 bat Kurt Frank um Medikamente und Lebensmittel. Am 20. April 1944 gelang es ihm aus der Haft eine Nachricht an seine Frau zu übermitteln. Darin berichtete er ihr über den Gestapobeamten Waldbillig. Dieser wolle ihn nach Auschwitz schicken. Auch sei sein Tod nur noch eine Frage der Zeit. „Zum Vergasen in Auschwitz braucht man nicht haftfähig zu sein“, so schilderte Frank seiner Frau die Worte des Gestapobeamten. Dr. Kurt Frank bat seine Frau mit dem Gefängnisarzt Dr. Fuhrmann zu sprechen, ob dieser etwas für ihn tun könnte. Am Sonntag, den 23. April 1944, schrieb Frank an seine Frau: „Liebes, was bin ich in Sorge um Dich … Ob wir uns diese Woche sehen?“

Am frühen Morgen des 8. Mai 1944 wurde Kurt Frank mit einem Transport zum „Konzentrationslager Auschwitz“ gebracht. Dort erhielt er die Häftlingsnummer187855. Aus der Haft gelang es ihm noch zwei Briefe an seine Frau in Düsseldorf zu senden. Der letzte stammte vom 10. Dezember 1944. Darin heißt es „Dir wünsche ich von Herzen gute Festtage und alles Gute zum Neujahr! Ich umarme Dich und küsse Dich herzlichst, immer Dein Kurt.“

Dr. Kurt Frank starb in Auschwitz nach der Befreiung des Lagers am 24. Februar 1945. Über einen Mithäftling aus Wien erhielt seine Witwe erst 1947 konkrete Informationen über seine Todesumstände. So befand sich Kurt Frank bis zum 22. November 1944 im Hauptlager von Auschwitz. Dann wurde er, da er gesundheitlich schwer mitgenommen war, nach Birkenau verlegt. Dort überlebte er schwer krank die Befreiung des Lagers durch die sowjetische Armee.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf